Am Freitag, d. 6. Mai 2022 eröffnete in der Chemnitzer Hartmannstraße 7, im Hof der Schmidtbankpassage, die Bar No. 1. Was von außen wirkt wie eine gewöhnliche Sport- und Cocktailbar, stellt sich bei genauerem Hinsehen als Projekt von Teilen der Chemnitzer Naziszene heraus. Als Betreiber der Bar tritt die Daudrich & Diesch GmbH auf, deren Geschäftsführer*innen Denis Daudrich und das Ehepaar Susann und Guido Diesch sind. Denis Daudrich ist bereits einige Jahre in der Gastroszene von Chemnitz und der Region aktiv. 2018 gründete er die Bar No. 10 auf dem Brühl. Diese war schnell als Treffpunkt für Rechte verschrien und musste 2020 angeblich aufgrund behördlicher Schikanen wieder schließen.
Die Daudrich & Diesch GmbH eröffnete dararaufhin eine Bar mit dem gleichen Namen im Stollberger Ratskeller. Denis Daudrich ist darüber hinaus Betreiber der Bull’s Eye Sportsbar in der Hainstraße 106. Seit dem Frühjahr ist Daudrich außerdem Betreiber des „Pub à la Pub“, eine Fankneipe am Stadion des Chemnitzer FC und ein beliebter Treffpunkt für Chemnitzer Hooligans und Neonazis. Früher gehörte die Bar dem HooNaRa-Gründer Thomas Haller. Nach seinem Tod 2019 ging sie an seinen Sohn Odin Alarich Haller über, der bis 2022 im Impressum der Kneipe stand. Daudrich ließ das Pub sanieren, um im April 2022 wiedereröffnen zu können.
Als Barkraft im Pub à la Pub arbeitet weiterhin Susann Kovacs, die regelmäßig an Naziaufmärschen teilnimmt. 2021 störte sie gemeinsam mit einer Gruppe Neonazis aus Zwickau und dem Erzgebirge eine antifaschistische Demonstration in Zwönitz.
Gastronom Denis Daudrich selbst stammt aus dem engsten Freundeskreis der Neonazi-Terrorgruppe Revolution Chemnitz. Bilder zeigen ihn, wie er vor ihrer Verurteilung mit den mittlerweile wieder aus der Haft entlassenen Revolution-Chemnitz-Mitgliedern Maximilian Völkl und Marcel Walenta posiert. Dass Daudrich sich keinesfalls von ihnen distanziert haben dürfte, zeigen aktuelle Kommentare von Völkl auf Daudrichs Facebook-Profil.
Auch die aus dem baden-württembergischen Ochsenhausen zugezogenen Susann und Guido Diesch scheinen ihren Facebook-Profilen zufolge der extremen Rechten nicht abgeneigt zu sein. Während Susann Diesch Pro Chemnitz liked, nutzt der Impf- und Maskengegner Guido Diesch sein Profil dafür, AfD-Inhalte zu teilen und und massenhaft AfD-Profile zu liken.
Wer glaubt, die Bar No. 1 sei damit eine reine rechte Szenekneipe, irrt. Die Bar No 1 dürfte das Ziel haben, auch nicht-rechtes Publikum anzuziehen, denn als reine Szenekneipe könnte sie im Stadtzentrum vermutlich nicht überstehen. Dennoch ist zu erwarten, dass sich in der Schmidtbankpassage vermehrt stadtbekannte Neonazis tummeln werden. Die Bar befindet sich in Sichtweite zum neuen Kulturhauptstadtbüro und dürfte damit für besondere Sprengkraft sorgen. Die Bar No. 1 trägt nicht nur zur Normalisierung rechten Gedankenguts bei, sondern ist ein weiterer Rückzugs- und Lohnarbeitsort für neonazistische Akteure. Seit Jahren ist ein Trend zur Verstetigung extrem rechter Wirtschaftskreisläufe in der Stadt zu erkennen, deren Teil die Bars der Daudrich & Diesch GmbH sind. In einem Geflecht von Chemnitzer Firmen, besonders in der Security-Branche, stehen mittlerweile viele Neonazis in gesichterten Arbeitsverhältnissen.